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dOCUMENTA 13 – ein kurzer Blick zurück. Was ist geblieben? – Ein grünes Buch und die Überzeugung, dass das ipod-Video von Janett Cardiff die wirklichere Version der Realität ist.

Die schwere Last der Printproduktionen steht im Widerspruch zum eigentlichen Thema der dreizehnten Ausgabe der documenta. Auf dem Boden, auf dem Ökologie, Politik und im Grunde die Ausbeutung der Erde sowie damit zusammenhängende Selbstzerstörung des Menschen thematisiert werden, scheinen die felsartigen Buchbände das komplette Gegenstück zum eigentlichen Konzept darzustellen. Einerseits liefern dOCUMENTA13-Künstler Alternativkonzepte (Vertikalgartenanbau) und pionierhafte Vorschläge zum Umdenken und zur Rettung des Lebens auf der Erde (Water-Save-Devices etc.), auf der anderen Seite lassen CCB und ihr Team Bäume zu einer Hochhaus hohen Buchauflage verarbeiten.

Das Cover ist grün, das Papier ist ökologisch – ist das Corporate Design oder Hohn?

Ein wenig erinnert dieser Widerspruch an den hübsch und blumig bewachsenen Müllhügel auf der Wiese vor der Orangerie. Außen hui , innen pfui… auf den ersten Blick großartig, auf den zweiten mehr als zweifelhaft. Während des dOCUMENTA-Besuchs schleicht sich das leise Gefühl ein, dass obwohl alles stimmig wirkt, im Grunde nichts stimmt.

Wie durch Pleasentville läuft man von einem Ort zum anderen und versucht vergeblich Fehler oder Lücken zu finden – eine unmögliche Challenge – CCB und ihre Co-Kuratoren haben an alle Kunstgenres gedacht, alle Standpunke berücksichtigt, Humor mit Ernsthaftigkeit verknüpft und eine Prise performative Subversion beigemischt. Alles fügt sich in das Gesamtkonzept ein. So auch die Cleverness, mit der die PR- Kampagne um die Macherin der Weltausstellung gestaltet wurde. Alles ist nahezu perfekt. Das ein oder andere, nach ca. 80 Tagen Ausstellungszeit, nicht mehr funktionierende Kunstwerk verleiht dem Ganzen die nötige Prise an Authentizität, macht das Gesamtwerk irgendwie menschlich fehlerhaft. Bei der Glätte des Gesamtbildes könnte man jedoch auch leicht glauben, dass diese kleinen Fehler einkalkuliert sind.

Schließlich jedoch, fällt die minutiös aufgebaute Imagekampagne mit den Worten der Dame, die die Führung macht. Eine Besuchegruppe steht vor einem überdimensionalen, schwarzweißen Wandteppich im Fridericianum. Das in den Teppich geknüpfte Motiv ist ein Foto von Kulturakteuren aus Afghanistan und Europa. Die dOCUMENTA-Dame beginnt die eingeübte Anekdote mit den Worten. „Dass es gleichzeitig eine documenta Ausstellung in Kabul gibt, ist keineswegs ein politisches Statement. CCB wollte bloß in einer SMS „Kassel“ schreiben, da wurde das Wort von T-9 in „Kabul“ umgewandelt. That’s the story. Nicht mehr und nicht weniger.“

Entweder gehört diese mehr als verwunderliche Aussage ebenfalls zu dem perfekt geschnürten Marketing – Paket, was dieses mit einem skrupellosen, leicht widerlichen Beigeschmack implodieren lässt oder das gesamte Kunstspektakel ist ganz einfach furchtbar bedeutungslos.